Topic: Quergedacht
Vom Mythos Bisexualität
earl grey, Dienstag, 17. April 2007, 00:55h
"Ein bisschen bi schadet nie", diesen Spruch hat wahrscheinlich jeder schon irgendwo gehört. Sei es auf einer langweiligen Party oder in belanglosen Gesprächen.
Den Satz kennen wir alle, haben wahrscheinlich darüber gelächelt, vielleicht genickt, und irgendwann darüber nachgedacht:
Geht das denn echt?
Gleichgeschlechtlich küssen?
Oder geschlechtliche Verhältnisse eingehen...oder sogar lieben?
Was ist das, die Faszination Bisexualität?
Jeder Mensch, den man trifft, könnte eine potentielle Gespielin sein, ein Mann für eine Nacht...oder auch die große Liebe. Das kollegiale Umfeld als große sexuelle Spielwiese, die ganze Straße als Flirtpartner, die Person die den Raum betritt als den Partner fürs Leben. Möglichkeiten gibt es viele.
Eine schöne Theorie.
Und nach dem Psychoanalytiker und Psychologen Freud auch die wahre Bestimmung des Menschen. Laut Kinsey haben immerhin noch 90 % der Menschen diese Veranlagung. Studien zufolge sind allerdings lediglich 10 % der Bevölkerung bisexuell. Wird die gleichgeschlechtliche Neigung doch durch gesellschaftliche Normen weitgehend unterdrückt, so ist anzunehmen, dass die Anzahl der Nicht-Geouteten möglicherweise höher liegt.
In sein
Wird man in der "normalen" Gesellschaft doch eher misstrauisch betrachtet haben es Prominente wesentlich einfacher. Es ist von Vorteil, die potentiellen sexuellen Partner auf die gesamte Menschheit auszudehnen als nur auf die Hälfte, den Medien sei Dank nicht unbemerkt. Genau so haben Stars das Bi-Sein entdeckt - David Bowie, Mick Jagger, Lou Reed, Calvin Klein und letztendlich auch Inge Meysel.
Anpassungsfähige Gesellschaft - flexible Sexualität?
In früheren Zeiten führten viele Homosexuelle offiziell ein heterosexuelles Leben mit normalen Familien und lebten ihre sexuelle Leidenschaft nicht offen aus, heute ist dies zwar nicht mehr notwendig, doch es klingt immer noch etwas besser und seit neuestem auch Schicker, wenn das Outing Bi- statt Homosexualität betrifft.
Homophobe Menschen, also Menschen, die gegenüber der Homosexualität eine negative Einstellung haben - in Deutschland etwa 70 % der Männer und 50 % der Frauen - stehen der bisexuellen Neigung häufig nicht ganz so ablehnend gegenüber.
Der Begriff der Homosexualität ist auch im alltäglichen Sprachgebrauch, vor allem im Slang, im Gegensatz zur Bisexualität in negativem Sinne gebraucht: "Bist du schwul, oder was?"
Bisexualität wird also oft als "halb so schlimm" bezeichnet, wenngleich Bisexuelle genau so homosexuell sind wie die, die ausschließlich dem gleichen Geschlecht zugewandt sind. Bisexuellen wird eher Abenteuer- als homosexuelle "perverse" Lust unterstellt.
Der Kinsey-Report
Um 1950 wurden in den USA 11.000 Männer und Frauen verschiedenen Alters und unabhängig von der Religion nach sexueller Neigung befragt.
Festgestellt wurde, dass es kaum Menschen gibt, die zu hundert Prozent heterosexuell veranlagt sind und sich die meisten stattdessen zwischen "richtiger" Homo- und "richtiger" Heterosexualität bewegen.
Lesbensex - ästhetischer?
Auch wenn die Frage nach Ästhetik sicher im Auge des jeweiligen Betrachters liegt ist es offensichtlich, dass Lesbensex offener praktiziert wird.
Für Bisexualität gilt hier in der gesellschaftlichen Norm was auch für Homosexualität gilt - es ist weniger anstößig, wenn sie von Frauen empfunden und praktiziert wird.
Der Widerspruch
Viele Männer halten die männliche Homosexualität für abstoßend, stehen der weiblichen Homosexualität jedoch sehr positiv gegenüber, insbesondere dann, wenn diese mit Bisexualität einhergeht. Nur so wird der männliche Traum vom Sex mit zwei Frauen gleichzeitig wahr. Zu jedem Dreier gehören schließlich mindestens 2 Bisexuelle.
Bisexualität und Neugier
Partysex mit dem Partner und der besten Freundin, die Suche nach einer Gespielin um den Mann mit einem Dreier zu überraschen oder die Begegnung im Swingerclub - wo liegt der Unterschied zwischen bisexuellem (momentanem) Sein und bisexuellem Leben?
Ist man nach einem Dreier bisexuell? Oder erst nach mehreren Dreiern? Kann man durch Praktizieren dieser Form der Sexualität überhaupt bisexuell werden? Ist man erst bisexuell, wenn man eine gleichgeschlechtliche Person liebt?
Unter Bisexuellen, die diese in jeder Hinsicht leben, das heißt sich in beide Geschlechter verlieben und mit beiden auf Liebe basierende Beziehungen eingehen, sind die Leute, die sich nach ausschließlich sexuellen Erlebnissen als bisexuell bezeichnen weniger beliebt.
Das Schöne ist, dass man sich primär in den Menschen anstatt in sein Geschlecht verlieben kann und man zwangsläufig auch sein Menschenbild, sowohl von Frauen als auch von Männern, verändert.
Ich glaube ja, die meisten outen sich nur nicht, weil ihr ach so guter Ruf dabei kaputt gehen könnte.
Schade eigentlich, es waren schöne Menschen darunter.
Liebe ist Liebe. Und der Rest ist erstmal egal.
(PS: Dass mich Frauen interessieren habe ich rückblickend zwar schon länger gemerkt,
wirklich gespürt allerdings erst im Juli 2004. Kurz darauf folgte mein erstes vorsichtiges Outing und der erste Kuss mit einem Mädel.
Gefühlt habe ich meine Bisexualität erstmals im Februar 2005, zu dieser Zeit hatte ich meine erste Beziehung zu einer Frau. Die magischen drei Worte dieser Frau konnten damals nur drei andere Worte zur Folge haben: Ich dich auch.
Sexuelle Kontakte hatten wir trotzdem erst seit dem 20.11.2005 in unserer zweiten Beziehung.
Seitdem lebe ich meine Bisexualität in nahezu all ihren Facetten.)
Den Satz kennen wir alle, haben wahrscheinlich darüber gelächelt, vielleicht genickt, und irgendwann darüber nachgedacht:
Geht das denn echt?
Gleichgeschlechtlich küssen?
Oder geschlechtliche Verhältnisse eingehen...oder sogar lieben?
Was ist das, die Faszination Bisexualität?
Jeder Mensch, den man trifft, könnte eine potentielle Gespielin sein, ein Mann für eine Nacht...oder auch die große Liebe. Das kollegiale Umfeld als große sexuelle Spielwiese, die ganze Straße als Flirtpartner, die Person die den Raum betritt als den Partner fürs Leben. Möglichkeiten gibt es viele.
Eine schöne Theorie.
Und nach dem Psychoanalytiker und Psychologen Freud auch die wahre Bestimmung des Menschen. Laut Kinsey haben immerhin noch 90 % der Menschen diese Veranlagung. Studien zufolge sind allerdings lediglich 10 % der Bevölkerung bisexuell. Wird die gleichgeschlechtliche Neigung doch durch gesellschaftliche Normen weitgehend unterdrückt, so ist anzunehmen, dass die Anzahl der Nicht-Geouteten möglicherweise höher liegt.
In sein
Wird man in der "normalen" Gesellschaft doch eher misstrauisch betrachtet haben es Prominente wesentlich einfacher. Es ist von Vorteil, die potentiellen sexuellen Partner auf die gesamte Menschheit auszudehnen als nur auf die Hälfte, den Medien sei Dank nicht unbemerkt. Genau so haben Stars das Bi-Sein entdeckt - David Bowie, Mick Jagger, Lou Reed, Calvin Klein und letztendlich auch Inge Meysel.
Anpassungsfähige Gesellschaft - flexible Sexualität?
In früheren Zeiten führten viele Homosexuelle offiziell ein heterosexuelles Leben mit normalen Familien und lebten ihre sexuelle Leidenschaft nicht offen aus, heute ist dies zwar nicht mehr notwendig, doch es klingt immer noch etwas besser und seit neuestem auch Schicker, wenn das Outing Bi- statt Homosexualität betrifft.
Homophobe Menschen, also Menschen, die gegenüber der Homosexualität eine negative Einstellung haben - in Deutschland etwa 70 % der Männer und 50 % der Frauen - stehen der bisexuellen Neigung häufig nicht ganz so ablehnend gegenüber.
Der Begriff der Homosexualität ist auch im alltäglichen Sprachgebrauch, vor allem im Slang, im Gegensatz zur Bisexualität in negativem Sinne gebraucht: "Bist du schwul, oder was?"
Bisexualität wird also oft als "halb so schlimm" bezeichnet, wenngleich Bisexuelle genau so homosexuell sind wie die, die ausschließlich dem gleichen Geschlecht zugewandt sind. Bisexuellen wird eher Abenteuer- als homosexuelle "perverse" Lust unterstellt.
Der Kinsey-Report
Um 1950 wurden in den USA 11.000 Männer und Frauen verschiedenen Alters und unabhängig von der Religion nach sexueller Neigung befragt.
Festgestellt wurde, dass es kaum Menschen gibt, die zu hundert Prozent heterosexuell veranlagt sind und sich die meisten stattdessen zwischen "richtiger" Homo- und "richtiger" Heterosexualität bewegen.
Lesbensex - ästhetischer?
Auch wenn die Frage nach Ästhetik sicher im Auge des jeweiligen Betrachters liegt ist es offensichtlich, dass Lesbensex offener praktiziert wird.
Für Bisexualität gilt hier in der gesellschaftlichen Norm was auch für Homosexualität gilt - es ist weniger anstößig, wenn sie von Frauen empfunden und praktiziert wird.
Der Widerspruch
Viele Männer halten die männliche Homosexualität für abstoßend, stehen der weiblichen Homosexualität jedoch sehr positiv gegenüber, insbesondere dann, wenn diese mit Bisexualität einhergeht. Nur so wird der männliche Traum vom Sex mit zwei Frauen gleichzeitig wahr. Zu jedem Dreier gehören schließlich mindestens 2 Bisexuelle.
Bisexualität und Neugier
Partysex mit dem Partner und der besten Freundin, die Suche nach einer Gespielin um den Mann mit einem Dreier zu überraschen oder die Begegnung im Swingerclub - wo liegt der Unterschied zwischen bisexuellem (momentanem) Sein und bisexuellem Leben?
Ist man nach einem Dreier bisexuell? Oder erst nach mehreren Dreiern? Kann man durch Praktizieren dieser Form der Sexualität überhaupt bisexuell werden? Ist man erst bisexuell, wenn man eine gleichgeschlechtliche Person liebt?
Unter Bisexuellen, die diese in jeder Hinsicht leben, das heißt sich in beide Geschlechter verlieben und mit beiden auf Liebe basierende Beziehungen eingehen, sind die Leute, die sich nach ausschließlich sexuellen Erlebnissen als bisexuell bezeichnen weniger beliebt.
Das Schöne ist, dass man sich primär in den Menschen anstatt in sein Geschlecht verlieben kann und man zwangsläufig auch sein Menschenbild, sowohl von Frauen als auch von Männern, verändert.
Ich glaube ja, die meisten outen sich nur nicht, weil ihr ach so guter Ruf dabei kaputt gehen könnte.
Schade eigentlich, es waren schöne Menschen darunter.
Liebe ist Liebe. Und der Rest ist erstmal egal.
(PS: Dass mich Frauen interessieren habe ich rückblickend zwar schon länger gemerkt,
wirklich gespürt allerdings erst im Juli 2004. Kurz darauf folgte mein erstes vorsichtiges Outing und der erste Kuss mit einem Mädel.
Gefühlt habe ich meine Bisexualität erstmals im Februar 2005, zu dieser Zeit hatte ich meine erste Beziehung zu einer Frau. Die magischen drei Worte dieser Frau konnten damals nur drei andere Worte zur Folge haben: Ich dich auch.
Sexuelle Kontakte hatten wir trotzdem erst seit dem 20.11.2005 in unserer zweiten Beziehung.
Seitdem lebe ich meine Bisexualität in nahezu all ihren Facetten.)